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Da muss schon mehr passieren als ein lächerlicher Generalstreik, der das ganze Land lahm legen soll, um Borussen von einer Reise abzuhalten.

Piraeus1Immerhin zwei Fanclub-Mitglieder ließen sich von eventuellen Horrorszenarien wie einem 48-Stunden-Fluglotsenstreik nicht abschrecken und fanden sich am Flughafen zur Reise nach Athen ein. Obwohl der Streik schon auf jeder Internetseite angekündigt war, wusste man bei der AUA am Abflugzeitpunkt noch nichts davon. Erst am Dienstagabend kam der Anruf: Rückflug am Donnerstag gestrichen, nächster Rückflug erst am Sonntag.

  Bis dahin war alles glatt gelaufen: Einchecken im wirklich fabelhaften Hotel samt Pool auf dem Dach, die erste Sightseeing-Tour zur geschlossenen Akropolis – denn vor lauter Freude über unseren entdeckten Restaurant-Geheimtipp war uns der Gedanke an irgendwelche Öffnungszeiten völlig fremd. 

Aber noch am selben Abend wieder ein Hoffnungsschimmer, statt 48 wird doch nur zwölf Stunden gestreikt, erste Fluglinien stellten ihre Flüge wieder her. Da ließ es sich schon ein wenig entspannter nach einer Sportbar suchen, wo die Dienstagsspiele der Champions League gezeigt wurden. In dieser Hinsicht war die Innenstadt übrigens ein totaler Reinfall – nur eine lächerliche Bar in diesem angeblich so fußballverrückten Land zeigte Fußball, und dort war ein Seiterl ab wohlfeilen fünf Eulen zu haben. Und auch dort wurde nach dem Abendspiel schon wieder auf eine völlig vertrottelte MTV-Serie umgeschaltet.

Also weitergesucht. Wir nutzten die Gelegenheit, um uns mal bei der Syngrou Fix U-Bahnstation umzusehen, wo am Mittwoch die Abfahrt zum Stadion losgehen sollte. Und was soll ich sagen – eine Sportbar neben der anderen und ein weiterer Geheimtipp für ein extrem gutes Gyros-Sandwich, das neben dem leckeren „Fix“-Bier dem Ort bald den Spitznamen „Gyros Fix“ (©Adrian) eintrug.

Der Matchtag stand im Zeichen endloser Telefonate mit der AUA, um endlich unseren Donnerstagflug zurückzubekommen. Und siehe da, kurz vor der Abfahrtszeit zum „Gyros Fix“ war es geschafft – heureka! Am Vormittag hatten wir uns auch kurz in die Stadt gewagt, wo sich die teils wütenden Demonstranten versammelten. Trotz völliger Unauffälligkeit bekamen wir schon ein paar nette Schimpfworte – auf Deutsch - entgegengeschleudert.  Ein äußerst liebenswerter Zeitgenosse hatte wohl gemerkt, dass wir uns auf Deutsch unterhalten hatten. Das fanden wir ein wenig irritierend, schließlich hatten wir doch einige Eulen nach Athen getragen … Die Stimmung war merklich aufgeheizt, doch es gab auch einige sportlich faire Griechen. So hing etwa an der Athener Universität ein riesiges Transparent mit der Aufschrift „Super BVB!“ – wenn man Adrians Griechischkenntnissen Glauben schenken darf. Hut ab, liebe Griechen!

Piraeus2Bald traten wir den geordneten Rückzug an. Ein kleiner Spaziergang im Hafen von Piräus war auch lange nicht so toll, wie wir uns das vorgestellt hatten. Und als auf dem Syntagma-Platz die Ausschreitungen begannen, lagen wir schon wieder am Hotelpool. Auch am Gyros Fix war alles ruhig, Dutzende Borussen hatten sich dort schon eingefunden und stimmten sich auf das Spiel ein. Die An- und später auch die Abreise vom Stadion funktionierte absolut reibungslos – hier nochmals ein herzliches „Dankeschön“ an die Fanbeauftragten. Immer dabei: Jede Menge Polizeischutz. Die griechischen Behörden kennen schließlich ihre Pappenheimer und der Molotow-Cocktail, der erst vor kurzem beim Länderspiel im Piräus-Stadion in den Gästeblock geworfen wurde, war allen noch klar in Erinnerung. Aus Sicherheitsgründen mussten alle Schwarzgelben schon drei Stunden vor Spielbeginn im Block sein – und das ohne Bier und mit viel zu wenigen Toiletten. Keine Frage, dass nicht nur die Damenklos reichlich frequentiert wurden, sondern auch die jeweiligen Waschbecken als Urinale herhalten mussten. Daneben blieb reichlich Zeit, um sämtliche Aufstellungvarianten durchzugehen.

Nach der ersten Stunde war das schlimmste überstanden, die Piräus-Fans machten sich langsam bemerkbar und zahlreiche Polizeibeamte in voller Montur gesellten sich zu uns in den Block. Auch hier zeigten sich die Griechen leicht aggressiv, doch außer einigen kleineren Provokationen blieb es eigentlich das ganze Spiel über ruhig und zeitweise respektierte man sich sogar gegenseitig für den Support.

Zum Spiel selbst gibt es eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Der BVB hätte einen schönen und erfolgreichen Abend verbringen können, hätte man die Chancen der ersten Minuten genützt. Denn dass die Heimfans auch ziemlich ruhig sein können, war in der Zeit nach dem Ausgleich deutlich zu bemerken. So waren es die Schwarzgelben, die spätestens nach dem 1:3 ihren Support fast völlig einstellten – die ausnehmend schwache Leistung dürfte die meisten wohl ziemlich schockiert haben.

Piraeus3Nach Spielende durften wir noch eine weitere Stunde im Block verbringen, ehe es wieder zu den Bussen ging. Mit Polizeieskorte ging es problemlos zurück zum Gyros Fix und von dort unbeschadet zu Fuß zum Hotel zurück – wenn man von der kleinen Reizgasvergiftung absieht, die uns am Syntagma-Platz ereilte und uns doch nochmals deutlich machte, dass das Zentrum fast einem Kriegsschauplatz geglichen hatte. Die Spuren der Zerstörung – mit Baseballschlägern zerschlagene Fassaden, abgefackelte Hütten und Telefonzellen waren deutlich zu sehen.

Der Abreisetag begann wie üblich: Schauen, wo wird gestreikt, was fährt. Gute Nachricht: Die U-Bahn fährt. Schlechte Nachricht: Sie fährt nicht bis zum Flughafen. Gute Nachricht: Der Flughafenbus ist nur wenige U-Bahn-Stationen entfernt. Schlechte Nachricht: Wegen der Demonstrationen sind die wichtigsten Umsteigemöglichkeiten gesperrt – und so weiter. Irgendwann war es dann aber geschafft und die Heimat hatte uns wieder. Andio Athen! Vielleicht sieht man sich mal wieder, wenn du besser drauf bist!