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Was waren das noch für Zeiten, als der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder vor zehn Jahren noch Wirtschaftspolitik mit der „ruhigen Hand" machen konnte.

StadionDoch während seine Nachfolgerin am Berliner Spreebogen heute alle Hände voll zu tun hat, lassen es dafür die Manager der deutschen Fußballklubs ruhiger angehen. Außer einigen homöopathischen Kaderanpassungen verlief die Wintertransferzeit in der Bundesliga bislang ausgesprochen ruhig. Abgesehen natürlich vom üblichen Kaufrausch von Wolfsburgs Trainer-Manager Felix Magath, der für 30 Millionen Euro acht Spieler aus ebenso vielen Ländern holte. Und der SC Freiburg verlor seinen Stürmerstar Papiss Demba Cissé an die englische Premier League: Newcastle schlug für zehn Millionen Euro zu. 

Der Transfer des Winters ist aber einer, der erst im Sommer über die Bühne gehen wird. Borussia Dortmund sicherte sich für die kommende Saison die Dienste des Gladbacher Shooting-Stars Marco Reus. Für 17 Millionen Euro. Viel Geld, dass sich der BVB sparen hätte können, wenn man das Talent des gebürtigen Dortmunders schon erkannt hätte, als der noch in der schwarzgelben Jugend kickte.

Doch das Außergewöhnlich an dem Deal ist, dass auch der FC Bayern höchst interessiert an dem 22-jährigen Nationalspieler war. Erstens weiß man in München um die Verletzungsanfälligkeit der Flügelspieler Arjen Robben und Franck Ribery und zweitens – fast noch wichtiger – gilt an der Säbener Straße immer noch das Selbstverständnis: „Die besten Spieler zum besten Verein." Mit der Praxis hat der deutsche Rekordmeister in den letzten 20 Jahren erst gar keine Konkurrenz aufkommen lassen. Lieber gab man ein paar Millionen Euro mehr aus, als einen Rivalen aufblühen zu lassen.

Schön langsam sieht man in München aber, dass sich im Ruhrpott ein langfristiger Konkurrent um den Platz an der Sonne erhebt. Wirtschaftlich haben die Schwarzgelben nach dem Beinahe-Crash 2005 den Anschluss wieder gefunden. „Der Abstand zu den Bayern ist natürlich uneinholbar", meint Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, „aber wir haben ihn verkürzen können."

Sportlich zog der FC Bayern gegen Dortmund dreimal den Kürzeren und nun widersteht nach BVB-Abwehrchef Mats Hummels abermals ein begehrter Spieler dem bajuwarischen Werben und schließt sich lieber den „jungen Wilden" um Trainer Jürgen Klopp an.

Wie tief der Stachel im bayrischen Fleisch sitzt, wurde die ganze Winterpause hindurch deutlich: Fast kein Interview eines Bayern-Repräsentanten lief ohne Spitze gegen den neuen Rivalen ab: Reus habe man eigentlich nie wirklich haben wollen, Reus habe wohl Angst vor dem Konkurrenzkampf beim FC Bayern gehabt. Zuletzt sprach Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge dem BVB „internationales Flair" ab und verwies auf das schwache Abschneiden Dortmunds in der Champions League.

Natürlich war der Reus-Transfer ein spezieller Fall: Die Ablösesumme war durch eine Vertragsklausel auf 17 Millionen Euro festgeschrieben, der Spieler ist nicht nur in Dortmund geboren, sondern hat auch noch Freundin und Familie dort. Es war also mehr ein glücklicher Einzelfall als eine gewonnene Bieterschlacht. Zudem bleiben Transfers wie der von Reus Watzke zufolge weiterhin die Ausnahme. Beim FC Bayern kann man es sich dagegen auch leisten, zwölf Millionen Euro in ein Risikogeschäft wie den Brasilianer Breno zu investieren. So weit ist man beim BVB noch lange nicht. Vielleicht wird man es auch nie wieder sein. Doch die Chancen stehen so gut wie seit Jahren nicht mehr, dass aus dem Münchner Monopol ein Duopol wird.