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An die 10.000 Dortmunder Fans erlebten im Estadio Bernabeu ein echtes Highlight im Dasein eines schwarzgelben Anhängers – mittendrin auch die rotweißroten BVB Supporters.

K640 MadridEs gibt nur wenige Stadien auf der Welt, die ein derartiges Renommee haben wie das Estadio Santiago Bernabeu in Madrid. Da stand es für immerhin sechs österreichische BVB Supporters sofort fest, dass man sich dieses Schmankerl nicht entgehen lassen würde.

Dabei ließ man sich auch von stundenlangen nächtlichen Autofahrten oder Flugreisen über den gesamten Kontinent nicht abhalten. Karten für den Gästeblock gab es diesmal zwar keine, aber ausnahmsweise war das nicht schlimm, da über den Vorverkauf von Real Madrid relativ locker Tickets zu bekommen waren – wenn auch zum stolzen Stückpreis von 75 Euros. Aber was tut man nicht alles, um die EU-Rettungsschirme zu entlasten.

Zudem war der Begriff „Gästeblock" selten derart weit gedehnt worden wie in der Heimstatt von Real Madrid. Weite Teile der Nordtribüne erstrahlten in den schönsten Farben der Welt. Ein weiterer Vorteil war die ungewohnt lockere Einlasskontrolle. Dank dieser befand sich die österreichische Delegation recht schnell auf ihren Plätzen, obwohl die Stadiontore erst um 19.30 Uhr öffneten. Leider machten die Fans mit Tickets für den offiziellen Gästeblock weniger schöne Erfahrungen. Nicht nur wurden sie zusammengepfercht wie die Tiere, auch Taschendiebstähle wurden gemeldet. Immerhin verhielt sich die spanische Polizei, der man als schwarzgelber Fan seit Sevilla ja argwöhnisch gegenüber stehen muss, relativ ruhig.

Im Stadion überzeugte jedenfalls gleich einmal die hohe Durchlässigkeit zwischen den Blöcken, wahrscheinlich hätte man gleich bis zu den so genannten Real-Ultras durchgehen können und ihnen dabei helfen können, im Sitzen ihre Fahnen zu schwenken. Überhaupt wird in dieser Kathedrale des Fußballs unser geliebter Sport eher sitzend konsumiert als leidenschaftlich gelebt. Eingebauter Heizstrahler sorgen für tropische Temperaturen, bei denen es sich gut Sonnenblumenkerne kauen lässt. Und wie laut dieses Stadion sein kann, merkte man nur bei den Toren für das Heimteam – auch hier eine ganz schwache Leistung der Iberer.

Überhaupt entspann sich auf unserer Tribüne ein heftiger Interessenskonflikt. Kann man sich die Überraschung vorstellen, als die Madrilenen – teils 15 Minuten nach Anpfiff – auftauchten, sich gemütlich auf ihren Sitzplätzen niederlassen wollten und sich dort einer schwarzgelben Horde gegenüber sahen, die wie gewohnt stehend ihr Team anfeuerten? (Der arme Kerl, der beim Einlass Sitzkissen verteilte, wurde von Dortmunder Seite nur milde belächelt.) Sofort beschwerten sich die Spanier beim Ordnungspersonal, das erst einmal alle Zaunfahnen herunterriss („Schönen" Dank nochmals, Glatzkopf!) Und anstatt einfach die Sitzplatzbedürftigen auf einer Seite des Sektors zu sammeln, entblödeten sich die Ordner nicht, die BVB-Fans zum Sitzen aufzuforden. Bizarre Szenen entwickelten sich: Kaum hatte das Personal alle Schwarzgelben af ihre Sitze gezwungen, ertönte schon ein kräftige „Deutscher Meister, steh auf!" und das Spiel begann von vorne.

Nach dem 1:0 durch Marco Reus verzweifelten die Ordner, die sich gar noch Unterstützung von der Polizei geholt hatten, nach dem 2:1 durch Mario Götze gaben sie endgültig auf. Und endlich konnte man das starke Spiel unserer schwarzgelben Jungs genießen, die zwar in der zweiten Hälfte unter Dauerdruck standen (und der Support wegen der Anspannung auf den Rängen etwas nachließ) und am Ende auch um den Sieg umfielen, aber unzufrieden oder enttäuscht war deswegen niemand im Gästeblock. Der Stolz auf eine ganz starke Leistung überwog deutlich. Als Tabellenführer der „Todesgruppe" und Sieger des direkten Duells gegen Real Madrid ließ es sich herrlich heimreisen.

Tankred

Kategorie: Ausfahrten
Veröffentlicht: 14. November 2012
Zugriffe: 3395